Andacht 11.12.2024
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Bibel
Glauben

10. Dez. 2024 23:01Dennis Meier

Andacht 11.12.2024

Gedanken zum Thema: Spott

„Mütterchen“, sprach ein hartgesottener Kommunist zu Zeiten des Kalten Krieges, der verwundert bestaunt, wie die alte Dame die Füße einer Jesusfigur küsst, „wärest du denn auch bereit, genauso die Füße unseres großen Parteivorsitzenden zu küssen?“ Darauf die alte Dame: „Natürlich. Aber erst müsst ihr ihn kreuzigen.“ Die Antwort hat einen Preis für Schlagfertigkeit verdient. Dahinter steckt aber die Frage, was bzw. wer verehrungswürdig ist. Für das „Mütterchen“ verleiht die Bereitschaft Jesu, sein Leben für uns loszulassen, unerschütterliche Glaubwürdigkeit und eine innige Beziehung.

In dem Text aus der Passionsgeschichte wird geschildert, wie Menschen den schon am Kreuz hängenden Jesus verspotten. Da fällt die Aussage: „Damit wir sehen und glauben!“ Abgesehen davon, dass Spötter keine Theologie betreiben wollen, sondern eine lakonische Form der Herzenskälte praktizieren, begegnet uns hier die Frage der Macht und Autorität, der man sich beugen würde. Der Spötter bestimmt autonom und selbstbewusst die Bedingungen seines Glaubens: „Wenn er – dann wir.“

Im weiteren Verlauf der Geschichte erfahren wir, dass Jesus nicht vom Kreuz herab-, aber aus dem Grab heraufstieg. Zeugen gab es genug, einige davon waren Soldaten unter römischem Eid. Und zweifelsohne ist die Auferstehung das größere Wunder als eine Houdini Nummer. Sie waren dabei, sie hatten „gesehen“, aber waren sie bereit zu glauben? Die nüchterne Antwort an die Spötter lautet: Nein, ihr würdet nicht glauben, wenn ihr das sehen würdet.

Obwohl ich versuche, die Spötter auf Distanz zu halten, weil ich ja ein Frommer bin, muss ich lesen, dass auch sie Fromme waren (Hohepriester und Schriftgelehrte). Eine gute Bibelkenntnis scheint also nicht davor zu bewahren, dass wir Gott diktieren, unter welchen Gegebenheiten wir uns zum Glauben herablassen würden.

Das „Mütterchen“ vom Anfang lehrt uns dann doch eine wichtige Lektion über Kreuz und Auferstehung: Ja, es geht um das Sehen, aber eben das Sehen des Eigentlichen, das nicht mit den Augen geschieht. Wer aufhört, Gott die Bedingungen für sein Vertrauen vorzugeben, beginnt zu sehen. Und zwar ganz anders als der Spötter.

Zum Bibelvers: Markus 15,32

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