
2. Juli 2025 22:01Inga Bertz
Andacht 03. Juli 2025
Ich bin jeden Tag im Wald unterwegs. Im Winter bis zu drei Stunden, im Sommer meist nur eine bis maximal zwei. Andere Besitzer von Hunden mit plüschigem Fell und dicker Unterwolle können das wahrscheinlich teilen. Außerdem typisch für mich: Ich kann nur sehr schwer abschalten. Was Entspannungsratgeber postulieren und viele Menschen – so hoffe ich – tatsächlich erleben, funktioniert für mich überhaupt nicht: ein Schritt in den Wald und
– zack! – Blutdruck runter und Ruhe im Kopf. Dass das bloße Sein in der Natur automatisch eine Art Regenerationsknopf drückt, ist für mich leider keine Realität. Ich kann gut fünf Kilometer unterwegs und doch auf den 1200 Kubikzentimetern meines Schädels gefangen sein.
Als ich heute früh auf einer unserer kurzen Sommerrunden doch mal bewusst die majestätischen Stämme nach oben in die ausladenden Kronen blickte, fiel plötzlich ein inspirierender Gedanke vom Himmel. Was wäre, wenn mich ein Gast besuchen käme und sich wortlos stracks an unseren Esstisch setzte, einen Stapel Unterlagen auspackte und dann über seinen Projektnotizen grübelte? Ich würde ihm wahrscheinlich etwas zu trinken anbieten und einen Teller mit Keksen oder aufgeschnittenem Obst hinstellen. Mit Sicherheit würde ich auch versuchen, ein Gespräch zu beginnen, aber wenn ich dann merkte, dass er mit seinem Kopf gerade ganz woanders ist, würde ich mich wohl schnell zurückziehen. Wie viel schöner wäre es, wenn wir uns lebendig austauschen würden, uns gegenseitig Fragen stellen und mein Gast vielleicht sogar bemerkt, dass ich neue Bilder aufgehängt oder einen Sofakissenbezug genäht habe?
Da wurde es auf einmal still in mir. Der Wald – mein Gastgeber. Er lädt mich ein, mein Grübelgepäck am Wegesrand stehen zu lassen, zu staunen über Farne, die sich filigran entfalten, über die Fülle an Blaubeeren auf weichem Moos, über das grüne Chaos an Formen, Farben und Düften, die doch alle ihre unverzichtbare Funktion erfüllen. Die Bäume begrüßen mich rund um die Uhr mit einer Ladung Terpene – Superpower für mein Immunsystem. Das will ich mir später auf unserer Runde in den kühlen Abendstunden bewusst machen.
Übrigens: Derjenige, der den Wald so bezaubernd gemacht hat, wartet dort auch........
© Advent-Verlag Lüneburg mit freundlicher Genehmigung (der Link ist: http://www.advent-verlag.de)
Ich bin jeden Tag im Wald unterwegs. Im Winter bis zu drei Stunden, im Sommer meist nur eine bis maximal zwei. Andere Besitzer von Hunden mit plüschigem Fell und dicker Unterwolle können das wahrscheinlich teilen. Außerdem typisch für mich: Ich kann nur sehr schwer abschalten. Was Entspannungsratgeber postulieren und viele Menschen – so hoffe ich – tatsächlich erleben, funktioniert für mich überhaupt nicht: ein Schritt in den Wald und
– zack! – Blutdruck runter und Ruhe im Kopf. Dass das bloße Sein in der Natur automatisch eine Art Regenerationsknopf drückt, ist für mich leider keine Realität. Ich kann gut fünf Kilometer unterwegs und doch auf den 1200 Kubikzentimetern meines Schädels gefangen sein.
Als ich heute früh auf einer unserer kurzen Sommerrunden doch mal bewusst die majestätischen Stämme nach oben in die ausladenden Kronen blickte, fiel plötzlich ein inspirierender Gedanke vom Himmel. Was wäre, wenn mich ein Gast besuchen käme und sich wortlos stracks an unseren Esstisch setzte, einen Stapel Unterlagen auspackte und dann über seinen Projektnotizen grübelte? Ich würde ihm wahrscheinlich etwas zu trinken anbieten und einen Teller mit Keksen oder aufgeschnittenem Obst hinstellen. Mit Sicherheit würde ich auch versuchen, ein Gespräch zu beginnen, aber wenn ich dann merkte, dass er mit seinem Kopf gerade ganz woanders ist, würde ich mich wohl schnell zurückziehen. Wie viel schöner wäre es, wenn wir uns lebendig austauschen würden, uns gegenseitig Fragen stellen und mein Gast vielleicht sogar bemerkt, dass ich neue Bilder aufgehängt oder einen Sofakissenbezug genäht habe?
Da wurde es auf einmal still in mir. Der Wald – mein Gastgeber. Er lädt mich ein, mein Grübelgepäck am Wegesrand stehen zu lassen, zu staunen über Farne, die sich filigran entfalten, über die Fülle an Blaubeeren auf weichem Moos, über das grüne Chaos an Formen, Farben und Düften, die doch alle ihre unverzichtbare Funktion erfüllen. Die Bäume begrüßen mich rund um die Uhr mit einer Ladung Terpene – Superpower für mein Immunsystem. Das will ich mir später auf unserer Runde in den kühlen Abendstunden bewusst machen.
Übrigens: Derjenige, der den Wald so bezaubernd gemacht hat, wartet dort auch........
© Advent-Verlag Lüneburg mit freundlicher Genehmigung (der Link ist: http://www.advent-verlag.de)