15. Jan. 2009 09:49APDCanterbury/Großbritannien
Anglikanische Kirchengemeinschaft ruft Krisengipfel ein
Canterbury/Großbritannien, 15.01.2009/APD Vom 1. bis 5. Februar findet in der ägyptischen Hafenstadt Alexandria ein Gipfeltreffen der Anglikanischen Kirchengemeinschaft (Anglican Communion) statt, an dem die Oberhäupter der 38 anglikanischen Kirchenprovinzen teilnehmen.
Geleitet wird das Krisentreffen in Alexandria von Erzbischof Rowan Douglas Williams. Der walisische Theologe und Erzbischof von Canterbury ist von Amts wegen Ehrenprimas der anglikanischen Weltgemeinschaft. Er hat aber keine rechtlichen Befugnisse, in die kirchenpolitischen Entscheidungen der Einzelkirchen einzugreifen.
Verschiedene innerkirchliche Entwicklungen führten seit dem späten 20. Jahrhundert innerhalb der Anglikanischen Gemeinschaft zu starken inneren Spannungen und Kontroversen. Zentraler Streitpunkt ist heute der Kurs der anglikanischen Kirche in den USA (Episcopal Church in the United States of America), die durch die Bischofsweihe des bekennenden Homosexuellen Gene Robinson 2003 weltweit innerkirchliche Proteste und eine anhaltende Krise in der "Anglican Communion" ausgelöst hat. Scharfe Kritik gab es auch an der Einführung von Segnungsriten für gleichgeschlechtliche Paare in den USA und Kanada sowie an der Wahl einer Bischöfin zum "Presiding Bishop" der US-Episkopalkirche.
Nach Angaben von Kathpress wird dem Spitzentreffen der 38 Erzbischöfe der anglikanischen Kirchenprovinzen von Anfang Februar in Alexandria ein Treffen der Kirchenführer aus Asien und Afrika ("Global South") vorausgehen, an dem auch Primas Williams auch teilnimmt.
Das im Zwei-Jahres-Rhythmus abgehaltene Treffen der Oberhäupter der Kirchenprovinzen ist eines der drei Schlüssel-Gremien der anglikanischen Kirchengemeinschaft. Die weiteren beiden wesentlichen Gremien sind die Lambeth-Konferenz (alle 10 Jahre; zuletzt 2008) sowie die Anglikanische Beratende Versammlung (ACC). Die Beratende Versammlung ist jene Einrichtung, in der verbindliche kirchenpolitische Entscheidungen getroffen werden. Die innere Krise der anglikanischen Gemeinschaft stand im Zentrum aller wesentlichen Treffen in den vergangenen sechs Jahren. Eine Kirchenspaltung konnte zwar verhindert, ein tatsächlicher Ausweg aus der Kirchenkrise wurde jedoch bisher nicht gefunden.
Zuletzt kündigten traditionstreue Gemeinden in den USA und Kanada an, sich zu einer nordamerikanischen Provinz zusammenschließen zu wollen. Sie verabschiedeten dazu eine vorläufige Verfassung. Bei einer Versammlung im Sommer 2009 in Bedford (Texas) wollen sie die Verfassung endgültig absegnen. Die neue "Anglikanische Kirche in Nordamerika" würde nach eigenen Angaben 100.000 Mitglieder umfassen.
Inwieweit die Bildung einer eigenen Provinz innerhalb der anglikanischen Weltgemeinschaft Zustimmung findet, ist allerdings unklar. Um als Kirchenprovinz anerkannt zu werden, braucht sie die Zustimmung von zwei Dritteln der Oberhäupter der 38 Kirchenprovinzen.
Laut dem Lambeth Palace würde ein solches Verfahren, wenn es eingeleitet wird, mehrere Jahre dauern. In den vergangenen Jahren hatten sich bereits Gemeinden in den USA von der Episkopalkirche entfernt und sich traditionstreuen Bischöfen im Ausland unterstellt.
Die Vorsitzende Bischöfin der US-Episkopalkirche, Katharine Jefferts Schori, erklärte, jene Gemeinden, die sich zu der neuen Provinz zusammengeschlossen haben, seien nicht länger "Episkopale". Repräsentanten der abtrünnigen Gemeinden meinten dazu, sie seien nicht mehr "Episkopalianer", aber weiterhin "Anglikaner".
Der jüngste Versuch einer Lösung der inneranglikanischen Krise war im Juni 2008 in Jerusalem mit der anglikanischen Zukunftskonferenz (GAFCON) unternommen worden, zu der traditionstreue anglikanische Bischöfe geladen hatten. Sie erteilten jedoch dem von Primas Williams beim Gipfeltreffen im tanzanischen Dar-es-Salam im Februar 2007 vorgelegten Projekt eines innerkirchlichen Grundlagenvertrages ("Anglican Covenant") auf dem kleinsten Nenner eine Absage. Ein solcher Grundkonsens sollte die unverbrüchlichen Bestandteile der anglikanischen Lehre in einem verbindlichen theologischen und rechtlichen Rahmen festschreiben, um künftig "schismatische Handlungen" zu verhindern, hieß es damals.
Dieser Versuch zur Versöhnung der "Anglican Communion" weise schwerwiegende Mängel auf, hatten die Erzbischöfe wichtiger Kirchenprovinzen betont. Der von Williams vorgelegte Entwurf eines "Anglican Covenant" konzentriere sich zu sehr auf die Kirche als Institution und vernachlässige die Lehren der Heiligen Schrift.
Die traditionstreuen Bischöfe kritisierten vor allem die "Autonomie", die Williams einzelnen Kirchenprovinzen wie der US-amerikanischen Episkopalkirche oder der anglikanischen Kirche von Kanada zugestehe. Diese Kirchen stünden im Bereich der Sexualmoral im Widerspruch zur Heiligen Schrift.
Die Anglikanische Kirche ist, nach der römisch-katholischen und den orthodoxen Kirchen, die drittgrößte christliche Kirche. Weltweit zählt die Anglikanische Kirchengemeinschaft etwa 80 Millionen Christen, davon etwa 42 Millionen im Vereinigten Königreich (größtenteils in England – Church of England –, da die selbständigen anglikanischen Landeskirchen in Schottland und Wales weder Staatskirchen sind, noch die Mehrheit der Bevölkerung zu ihren Mitgliedern zählt). Die Church of England ist besonders in englischsprachigen Gebieten und in Gebieten des Commonwealth of Nations vertreten.
Die Anglikanische Kirchengemeinschaft ist Mitglied im Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK) und steht darüber hinaus durch gegenseitige Anerkennung in Kirchengemeinschaft mit den Altkatholischen Kirchen der Utrechter Union und der indischen Mar-Thoma-Kirche.
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Der Text kann kostenlos genutzt werden. Veröffentlichung nur mit Quellenangabe "APD" gestattet!
Canterbury/Großbritannien, 15.01.2009/APD Vom 1. bis 5. Februar findet in der ägyptischen Hafenstadt Alexandria ein Gipfeltreffen der Anglikanischen Kirchengemeinschaft (Anglican Communion) statt, an dem die Oberhäupter der 38 anglikanischen Kirchenprovinzen teilnehmen.
Geleitet wird das Krisentreffen in Alexandria von Erzbischof Rowan Douglas Williams. Der walisische Theologe und Erzbischof von Canterbury ist von Amts wegen Ehrenprimas der anglikanischen Weltgemeinschaft. Er hat aber keine rechtlichen Befugnisse, in die kirchenpolitischen Entscheidungen der Einzelkirchen einzugreifen.
Verschiedene innerkirchliche Entwicklungen führten seit dem späten 20. Jahrhundert innerhalb der Anglikanischen Gemeinschaft zu starken inneren Spannungen und Kontroversen. Zentraler Streitpunkt ist heute der Kurs der anglikanischen Kirche in den USA (Episcopal Church in the United States of America), die durch die Bischofsweihe des bekennenden Homosexuellen Gene Robinson 2003 weltweit innerkirchliche Proteste und eine anhaltende Krise in der "Anglican Communion" ausgelöst hat. Scharfe Kritik gab es auch an der Einführung von Segnungsriten für gleichgeschlechtliche Paare in den USA und Kanada sowie an der Wahl einer Bischöfin zum "Presiding Bishop" der US-Episkopalkirche.
Nach Angaben von Kathpress wird dem Spitzentreffen der 38 Erzbischöfe der anglikanischen Kirchenprovinzen von Anfang Februar in Alexandria ein Treffen der Kirchenführer aus Asien und Afrika ("Global South") vorausgehen, an dem auch Primas Williams auch teilnimmt.
Das im Zwei-Jahres-Rhythmus abgehaltene Treffen der Oberhäupter der Kirchenprovinzen ist eines der drei Schlüssel-Gremien der anglikanischen Kirchengemeinschaft. Die weiteren beiden wesentlichen Gremien sind die Lambeth-Konferenz (alle 10 Jahre; zuletzt 2008) sowie die Anglikanische Beratende Versammlung (ACC). Die Beratende Versammlung ist jene Einrichtung, in der verbindliche kirchenpolitische Entscheidungen getroffen werden. Die innere Krise der anglikanischen Gemeinschaft stand im Zentrum aller wesentlichen Treffen in den vergangenen sechs Jahren. Eine Kirchenspaltung konnte zwar verhindert, ein tatsächlicher Ausweg aus der Kirchenkrise wurde jedoch bisher nicht gefunden.
Zuletzt kündigten traditionstreue Gemeinden in den USA und Kanada an, sich zu einer nordamerikanischen Provinz zusammenschließen zu wollen. Sie verabschiedeten dazu eine vorläufige Verfassung. Bei einer Versammlung im Sommer 2009 in Bedford (Texas) wollen sie die Verfassung endgültig absegnen. Die neue "Anglikanische Kirche in Nordamerika" würde nach eigenen Angaben 100.000 Mitglieder umfassen.
Inwieweit die Bildung einer eigenen Provinz innerhalb der anglikanischen Weltgemeinschaft Zustimmung findet, ist allerdings unklar. Um als Kirchenprovinz anerkannt zu werden, braucht sie die Zustimmung von zwei Dritteln der Oberhäupter der 38 Kirchenprovinzen.
Laut dem Lambeth Palace würde ein solches Verfahren, wenn es eingeleitet wird, mehrere Jahre dauern. In den vergangenen Jahren hatten sich bereits Gemeinden in den USA von der Episkopalkirche entfernt und sich traditionstreuen Bischöfen im Ausland unterstellt.
Die Vorsitzende Bischöfin der US-Episkopalkirche, Katharine Jefferts Schori, erklärte, jene Gemeinden, die sich zu der neuen Provinz zusammengeschlossen haben, seien nicht länger "Episkopale". Repräsentanten der abtrünnigen Gemeinden meinten dazu, sie seien nicht mehr "Episkopalianer", aber weiterhin "Anglikaner".
Der jüngste Versuch einer Lösung der inneranglikanischen Krise war im Juni 2008 in Jerusalem mit der anglikanischen Zukunftskonferenz (GAFCON) unternommen worden, zu der traditionstreue anglikanische Bischöfe geladen hatten. Sie erteilten jedoch dem von Primas Williams beim Gipfeltreffen im tanzanischen Dar-es-Salam im Februar 2007 vorgelegten Projekt eines innerkirchlichen Grundlagenvertrages ("Anglican Covenant") auf dem kleinsten Nenner eine Absage. Ein solcher Grundkonsens sollte die unverbrüchlichen Bestandteile der anglikanischen Lehre in einem verbindlichen theologischen und rechtlichen Rahmen festschreiben, um künftig "schismatische Handlungen" zu verhindern, hieß es damals.
Dieser Versuch zur Versöhnung der "Anglican Communion" weise schwerwiegende Mängel auf, hatten die Erzbischöfe wichtiger Kirchenprovinzen betont. Der von Williams vorgelegte Entwurf eines "Anglican Covenant" konzentriere sich zu sehr auf die Kirche als Institution und vernachlässige die Lehren der Heiligen Schrift.
Die traditionstreuen Bischöfe kritisierten vor allem die "Autonomie", die Williams einzelnen Kirchenprovinzen wie der US-amerikanischen Episkopalkirche oder der anglikanischen Kirche von Kanada zugestehe. Diese Kirchen stünden im Bereich der Sexualmoral im Widerspruch zur Heiligen Schrift.
Die Anglikanische Kirche ist, nach der römisch-katholischen und den orthodoxen Kirchen, die drittgrößte christliche Kirche. Weltweit zählt die Anglikanische Kirchengemeinschaft etwa 80 Millionen Christen, davon etwa 42 Millionen im Vereinigten Königreich (größtenteils in England – Church of England –, da die selbständigen anglikanischen Landeskirchen in Schottland und Wales weder Staatskirchen sind, noch die Mehrheit der Bevölkerung zu ihren Mitgliedern zählt). Die Church of England ist besonders in englischsprachigen Gebieten und in Gebieten des Commonwealth of Nations vertreten.
Die Anglikanische Kirchengemeinschaft ist Mitglied im Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK) und steht darüber hinaus durch gegenseitige Anerkennung in Kirchengemeinschaft mit den Altkatholischen Kirchen der Utrechter Union und der indischen Mar-Thoma-Kirche.
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