Neue Sexualitätsstudie: Christinnen und Christen sprechen offen über Sex
Teilnehmende beim Fachtag „Glaube und Sexualität“ in Kassel.
© Foto: CVJM Hochschule, Kassel
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9. Okt. 2025 07:18APDKassel, Hesse, Germany

Neue Sexualitätsstudie: Christinnen und Christen sprechen offen über Sex

Christinnen und Christen sind in Fragen der Sexualität offener und selbstbestimmter als vielfach angenommen. Das zeigt die große empirica-Sexualitätsstudie, deren Ergebnisse am 4. Oktober beim Fachtag „Glaube und Sexualität“ in Kassel vorgestellt wurden.

Größte Studie im deutschsprachigen Raum

Zwischen 2022 und 2025 befragte das Forschungsinstitut empirica an der CVJM-Hochschule (Kassel) in Kooperation mit der Stiftung Christliche Medien über 10.600 (hoch-)religiöse Christinnen und Christen im deutschsprachigen Raum zu ihrem Verständnis von Sexualität und Glaube. Neben einer umfangreichen Online-Umfrage wertete das Forschungsteam um Prof. Dr. Tobias Künkler und Prof. Dr. Daniel Wegner Ratgeberartikel, Zeitschriftenbeiträge und Social-Media-Posts aus und führte Interviews. Die Untersuchung gilt als die bisher umfassendste ihrer Art.

Offene Kommunikation und Zufriedenheit

Laut den Forschenden sind Christinnen und Christen weder homogener noch prüder als die Gesamtbevölkerung. Verheiratete seien im Schnitt sexuell aktiver, Singles dagegen deutlich inaktiver. Drei Viertel der Befragten gaben an, offen über ihre Bedürfnisse zu sprechen, ihr Sexualleben selbstbestimmt zu gestalten und überwiegend zufrieden zu sein – unabhängig von der Intensität ihres Glaubens.

Zwischen Ideal und Wirklichkeit

Rund ein Drittel der konservativ eingestellten Christinnen und Christen lebt laut Studie entgegen eigener Überzeugungen, insbesondere bei Themen wie Selbstbefriedigung oder vorehelichem Geschlechtsverkehr. Diese Inkongruenzen führten häufig zu Schuldgefühlen, Scham und geringerer Zufriedenheit.

Fehlende Aufarbeitung sexueller Gewalt

Die Studie bestätigt auch frühere Ergebnisse anderer Untersuchungen: 13 Prozent der Befragten berichteten von sexuellen Übergriffen, drei Viertel davon im kirchlichen Umfeld ohne anschließende Aufarbeitung. Diese Erfahrungen hätten vielfach Auswirkungen auf das persönliche Glaubensleben.

Fachlicher Austausch und Podiumsdiskussion

Im Anschluss an die Ergebnisvorstellung bot der Fachtag Gesprächsforen zu Themen wie sexualisierte Gewalt, Purity Culture, Paarsexualität, sexuelle Vielfalt und Gender sowie Impulse für die Kinder- und Jugendarbeit. Eine Podiumsdiskussion mit Fachleuten aus Theologie, Medizin und Seelsorge – darunter Dr. Ute Buth, Birgit Mattausch, Veronika Schmidt, Prof. Dr. Heinzpeter Hempelmann, Prof. Dr. Tobias Faix und Prof. Dr. Tobias Künkler – unterstrich die Bedeutung offener Aufklärungsarbeit in Kirchen und Familien.

Veröffentlichung und Begleitliteratur

Die vollständigen Ergebnisse sind unter www.cvjm-hochschule.de/forschung/forschungsinstitut-empirica-fuer-jugend-kultur-und-religion/fachtag-sexualitaetsstudie/ abrufbar. Ergänzend erschienen zwei Bücher im R. Brockhaus Verlag: Sexualität und Glaube. Prägungen, Einstellungen und Lebensweisen (quantitative Ergebnisse) sowie Unsere Geschichte mit Sex. Einblicke in laute Debatten und leise Lebensgeschichten (qualitative Ergebnisse).

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