29. Sep. 2024 22:01Matthias Müller
Andacht 30.09.2024
Meine Tante war zu Besuch und hörte sich an, was ich als Steppke auf dem Klavier vorzuspielen hatte. Es folgten deutliche Worte zu meiner Mutter: „Der Junge ist nicht weitergekommen. Er spielt immer noch dasselbe. Du musst ihm einen anderen Lehrer suchen!“ Man erwartet bei entsprechendem Bemühen, einem Mindestmaß an Begabung und richtiger Anleitung Fortschritte. Wozu sonst Unterricht nehmen?
Das Christenleben wird als fortschreitend gedacht. Man „wächst im Glauben“, will heißen, man legt ungute Eigenschaften ab, ersetzt sie durch besseres Verhalten, vertraut Gott mehr und lebt den Menschen zugewandter. Aber: Erwartet man nicht von jedem Menschen – Christ oder nicht – eine Reifung und hofft, dass wir mit zunehmendem Alter weniger selbstbezogen, dafür gelassener und gütiger werden?
Manche bringen gute Voraussetzungen mit: ein gepflegtes Elternhaus, gute Manieren, einen wachen, angeregten Geist, ein behütetes Leben mit viel Ermutigung und Liebe. Aber nicht allen ist ein guter Start beschert. Selbst der ist keine Garantie für „geistliches Wachstum“. Auch bei besten Voraussetzungen kann ein Fanatiker entstehen, der anderen das Leben schwer macht, siehe Saulus.
Müssen wir in regelmäßigen Abständen unseren geistlichen Status überprüfen, um zu sehen, ob wir „vorangekommen“ sind? Solche Selbstbeobachtung würde manche wohl zur Anmaßung und andere zur Verzweiflung bringen. C. S. Lewis sagte: „Wir müssen es Gott überlassen, die Wunde zu verbinden, und nicht dauernd selbst unter die Bandagen lugen.“ (Titus Müller, Hg., C. S. Lewis – ein Leben in Briefen, adeo, 2021, S. 157) Ja, die Wunde unseres unvollkommenen Lebens heilt nur langsam, manchmal geht sie auch wieder auf und man könnte die Flinte ins Korn werfen. Zumal zu beobachten ist, dass Menschen, die meinen, in der Heiligung ein bestimmtes Ziel erreichen zu müssen, meist wenig froh daherkommen.
Christus ist uns zur Heiligung gemacht! Nicht nur die Weisheit, Gerechtigkeit und Erlösung kommen von ihm, sondern die Heiligung auch. Wir dürfen auf ihn bauen. Er weiß: Pflanzen wachsen. Sie werden nicht emporgezogen.
Zum Bibelvers: 1. Korinther 1,30
© Advent-Verlag Lüneburg mit freundlicher Genehmigung (der Link ist: http://www.advent-verlag.de)
Meine Tante war zu Besuch und hörte sich an, was ich als Steppke auf dem Klavier vorzuspielen hatte. Es folgten deutliche Worte zu meiner Mutter: „Der Junge ist nicht weitergekommen. Er spielt immer noch dasselbe. Du musst ihm einen anderen Lehrer suchen!“ Man erwartet bei entsprechendem Bemühen, einem Mindestmaß an Begabung und richtiger Anleitung Fortschritte. Wozu sonst Unterricht nehmen?
Das Christenleben wird als fortschreitend gedacht. Man „wächst im Glauben“, will heißen, man legt ungute Eigenschaften ab, ersetzt sie durch besseres Verhalten, vertraut Gott mehr und lebt den Menschen zugewandter. Aber: Erwartet man nicht von jedem Menschen – Christ oder nicht – eine Reifung und hofft, dass wir mit zunehmendem Alter weniger selbstbezogen, dafür gelassener und gütiger werden?
Manche bringen gute Voraussetzungen mit: ein gepflegtes Elternhaus, gute Manieren, einen wachen, angeregten Geist, ein behütetes Leben mit viel Ermutigung und Liebe. Aber nicht allen ist ein guter Start beschert. Selbst der ist keine Garantie für „geistliches Wachstum“. Auch bei besten Voraussetzungen kann ein Fanatiker entstehen, der anderen das Leben schwer macht, siehe Saulus.
Müssen wir in regelmäßigen Abständen unseren geistlichen Status überprüfen, um zu sehen, ob wir „vorangekommen“ sind? Solche Selbstbeobachtung würde manche wohl zur Anmaßung und andere zur Verzweiflung bringen. C. S. Lewis sagte: „Wir müssen es Gott überlassen, die Wunde zu verbinden, und nicht dauernd selbst unter die Bandagen lugen.“ (Titus Müller, Hg., C. S. Lewis – ein Leben in Briefen, adeo, 2021, S. 157) Ja, die Wunde unseres unvollkommenen Lebens heilt nur langsam, manchmal geht sie auch wieder auf und man könnte die Flinte ins Korn werfen. Zumal zu beobachten ist, dass Menschen, die meinen, in der Heiligung ein bestimmtes Ziel erreichen zu müssen, meist wenig froh daherkommen.
Christus ist uns zur Heiligung gemacht! Nicht nur die Weisheit, Gerechtigkeit und Erlösung kommen von ihm, sondern die Heiligung auch. Wir dürfen auf ihn bauen. Er weiß: Pflanzen wachsen. Sie werden nicht emporgezogen.
Zum Bibelvers: 1. Korinther 1,30
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