Andacht 18. Juni 2025
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Bibel
Glauben

17. Juni 2025 22:01Rolf Pöhler

Andacht 18. Juni 2025

Gedanken zum Thema: Vaterunser

Das Vaterunser beginnt nicht nur mit der Anrede Gottes, es lenkt auch den Blick der Beter auf ihn. Wie Jesus in enger Verbindung mit seinem himmlischen Vater lebte, so richten seine Jünger ihr Leben nach ihm aus. Gott zu ehren und seinen Willen zu tun ist ihr größtes Anliegen. „Dein Name werde geheiligt“, so beten wir.

Gottes Namen zu ehren heißt, Gott selbst zu ehren. Seinen Namen zu missbrauchen bedeutet, Gott zu entehren. Mose durfte das Land Kanaan nicht betreten, weil er in der Wüste eigenmächtig gehandelt und Gott nicht „geheiligt“, das heißt, ihm nicht vertraut und gehorcht hatte (4 Mo 20,12). In diesem Sinn erkennen Christen im Vaterunser die Wichtigkeit an, Gott zu ehren, und drücken den Wunsch und die Bereitschaft aus, seinen Namen zu heiligen.

Doch warum steht die Bitte im Passiv? „Dein Name werde geheiligt“? Und an wen ist sie gerichtet, wenn nicht an Gott selbst? Es handelt sich ja um ein Gebet und nicht um eine Willenserklärung unsererseits. Gott selbst soll seinen Namen heiligen! Zugegeben, ein ungewohnter Gedanke – zumindest für diejenigen, die meinen, Gott sei auf ihr frommes Tun angewiesen.

Durch Hesekiel ließ Gott seinem Volk ausrichten: „Ich will meinen großen Namen, […] den ihr […] entheiligt habt, wieder heilig machen“ (Hes 36,23) – ein Hinweis auf die Rückkehr des Volkes aus dem Exil und die Wiederaufrichtung Israels. Ähnlich betete Jesus: „Vater, verherrliche deinen Namen! Da kam eine Stimme vom Himmel: Ich habe ihn verherrlicht und will ihn abermals verherrlichen“ (Joh 12,28).

Die Wendung „Dein Name werde geheiligt“ ist dem jüdischen Brauch geschuldet, das Aussprechen des Gottesnamens zu vermeiden, indem das Passiv verwendet wird. Sinngemäß heißt es also: „Unser Vater im Himmel: Heilige deinen Namen!“ Hier geht es nicht um eine Absichtserklärung, sondern um die Bitte an Gott, er möge tun, wozu wir selten genug in der Lage sind, da wir wie Mose oft versagen.

Damit erhält das Vaterunser eine neue Ausrichtung. Nicht die betende Gemeinde erklärt ihre Absicht, den Namen Gottes in der Welt groß machen zu wollen; vielmehr wendet sie sich an Gott, der allein in der Lage ist, seinem heiligen Namen Geltung zu verschaffen. Im Vaterunser geht es um ihn, nicht um uns. Darum beten wir: „Vater unser im Himmel: Heilige deinen Namen …“

Zum Bibelvers: Matthäus 6,9

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