31. Jan. 2024 08:22APDOstfildern
Buchrezension: Miroslav Volf, Matthew Croasmun, Ryan McAnnally-Linz: Life worth living. Wofür es sich zu leben lohnt. Ein Grundkurs in Sinnfindung.
Zum Buch
Auf gut 350 Seiten widmen sich die Professoren der alten Frage: Was macht ein gutes Leben aus? Was gibt Sinn? Dabei wird diese große Frage in kleine Teilfragen heruntergebrochen. Eine Einführung, ein Nachwort und Anmerkungen rahmen fünf Teile. Zunächst wird in Teil eins eingetaucht. Teil zwei driftet in die Tiefe, Teil drei begibt sich auf den Grund. Teil vier thematisiert Grenzsituationen und Teil fünf kommt zum Luftholen wieder an die Oberfläche. Ziel ist es, „gemeinsame Reflexionsgewohnheiten zu bilden und Fähigkeiten herauszukitzeln, die die ernsthafte Arbeit [an der großen Lebensfrage] erleichtern“ (S. 29).
Die Grundlage dieses Nachdenkens ist ein Modell, das vier verschiedene Daseinsmodalitäten beschreibt. Es geht von der Aktion in die Reflexion über und beschreibt die Modalitäten als Autopilot, Effektivität, Selbstgewahrsein und Selbsttranszendenz. Dabei sind Verhaltensänderungen nur möglich, wenn inhärente Strategien, Visionen und Glaubenssätze bewusst gemacht und überprüft werden. Dabei werden verschiedene traditionelle Visionen voneinander unterschieden und verglichen. In den einzelnen Kapiteln werden die Unterschiede herausgearbeitet, die tatsächlich bedeutsam sind. Der Aufruf ist, kein böses Leben zu führen, auch kein banales, sondern ein lebenswertes, wertvolles Leben (S. 331).
Viele Beispiele aus der Theologie, der Philosophie und dem Alltag bereichern und veranschaulichen das abstrakte Thema. Wir treffen Siddhartha, Petrus, C.S. Lewis und Ida Wells. Der Stil ist modern gehalten mit direkter Ansprache und als Ratgeber verfasst. Dabei soll der dynamische Austausch zwischen verschiedenen Perspektiven im Mittelpunkt stehen. Der geistesgeschichtliche Standpunkt der Autoren ist christlich, doch die Gleichberechtigung der dargestellten Sichtweisen soll erhalten bleiben. Dabei werden die Traditionen nur auszugsweise und beispielhaft vorgestellt. Die Autoren gehen nicht davon aus, dass nach dem Abschluss der Lektüre Einigkeit im Denken erzeugt werden könnte. Im Gegenteil „Meinungsverschiedenheiten sind Teil des Formats“ (S. 17) und absolute Antworten bleiben Wunschdenken.
Zur Sache
Dies ist ein ernstes Buch. Es geht dabei ums Ganze: Erfolg und Scheitern, Verantwortung und Beurteilung, Gut und Böse, Vision und Wahrheit. „Wenn die Gestalt unseres Lebens auf dem Spiel steht, ist ernsthaftes Reflektieren gefordert“ (S. 26). Es werden viele Fragen zur Kosmologie und Anthropologie gestellt. Einige mögliche Antworten sind durchaus unbequem: „Vielleicht ist ein gut geführtes Leben eines, das Gottes Geboten folgt, komme, was da wolle. Oder vielleicht zählt dein Charakter mehr als deine Leistung“ (S. 138). Trotz religiöser Fragen ist dies jedoch kein religiöses Buch und für den interessierten, gebildeten Laien gut geeignet, sich großen Themen wie Epistemologie, Metaphysik oder Ontologie einmal zu stellen. Die Vielzahl der Beispiele und Antwortmöglichkeiten erschwert jedoch die Übersicht und Orientierung. Das diffuse intellektuelle „Wühltischgefühl“ kann als störend wahrgenommen werden.
Das Buch ist ein Werkzeugkasten und Reflexionsbegleiter und fordert auf, sich festzulegen. Der Nutzen liegt nicht im Offenhalten von Optionen, sondern in der Wahl stimmiger Konzepte, die konsequent gelebt werden wollen. Logik schadet dabei keinesfalls, denn in der Vernetztheit aller Fragen und Antworten liegt die echte Vision vom wahren Leben. Doch man spürt, der Weg zum Glück ist lang. Es ist eben kein Spaziergang, sich hier einen Standpunkt zu erarbeiten, der trägt. Stellen wir uns jedoch der „Verantwortung, die eigentliche Frage zu erkennen und sie zu beantworten“ (S. 23), denn eine Antwort ist – in aller Demut – für jeden Menschen möglich (S. 47).
Claudia Mohr
Die Rezension kann unter diesem Shortlink als Dokument heruntergeladen werden: https://t.ly/2_3zK
Zum Buch
Auf gut 350 Seiten widmen sich die Professoren der alten Frage: Was macht ein gutes Leben aus? Was gibt Sinn? Dabei wird diese große Frage in kleine Teilfragen heruntergebrochen. Eine Einführung, ein Nachwort und Anmerkungen rahmen fünf Teile. Zunächst wird in Teil eins eingetaucht. Teil zwei driftet in die Tiefe, Teil drei begibt sich auf den Grund. Teil vier thematisiert Grenzsituationen und Teil fünf kommt zum Luftholen wieder an die Oberfläche. Ziel ist es, „gemeinsame Reflexionsgewohnheiten zu bilden und Fähigkeiten herauszukitzeln, die die ernsthafte Arbeit [an der großen Lebensfrage] erleichtern“ (S. 29).
Die Grundlage dieses Nachdenkens ist ein Modell, das vier verschiedene Daseinsmodalitäten beschreibt. Es geht von der Aktion in die Reflexion über und beschreibt die Modalitäten als Autopilot, Effektivität, Selbstgewahrsein und Selbsttranszendenz. Dabei sind Verhaltensänderungen nur möglich, wenn inhärente Strategien, Visionen und Glaubenssätze bewusst gemacht und überprüft werden. Dabei werden verschiedene traditionelle Visionen voneinander unterschieden und verglichen. In den einzelnen Kapiteln werden die Unterschiede herausgearbeitet, die tatsächlich bedeutsam sind. Der Aufruf ist, kein böses Leben zu führen, auch kein banales, sondern ein lebenswertes, wertvolles Leben (S. 331).
Viele Beispiele aus der Theologie, der Philosophie und dem Alltag bereichern und veranschaulichen das abstrakte Thema. Wir treffen Siddhartha, Petrus, C.S. Lewis und Ida Wells. Der Stil ist modern gehalten mit direkter Ansprache und als Ratgeber verfasst. Dabei soll der dynamische Austausch zwischen verschiedenen Perspektiven im Mittelpunkt stehen. Der geistesgeschichtliche Standpunkt der Autoren ist christlich, doch die Gleichberechtigung der dargestellten Sichtweisen soll erhalten bleiben. Dabei werden die Traditionen nur auszugsweise und beispielhaft vorgestellt. Die Autoren gehen nicht davon aus, dass nach dem Abschluss der Lektüre Einigkeit im Denken erzeugt werden könnte. Im Gegenteil „Meinungsverschiedenheiten sind Teil des Formats“ (S. 17) und absolute Antworten bleiben Wunschdenken.
Zur Sache
Dies ist ein ernstes Buch. Es geht dabei ums Ganze: Erfolg und Scheitern, Verantwortung und Beurteilung, Gut und Böse, Vision und Wahrheit. „Wenn die Gestalt unseres Lebens auf dem Spiel steht, ist ernsthaftes Reflektieren gefordert“ (S. 26). Es werden viele Fragen zur Kosmologie und Anthropologie gestellt. Einige mögliche Antworten sind durchaus unbequem: „Vielleicht ist ein gut geführtes Leben eines, das Gottes Geboten folgt, komme, was da wolle. Oder vielleicht zählt dein Charakter mehr als deine Leistung“ (S. 138). Trotz religiöser Fragen ist dies jedoch kein religiöses Buch und für den interessierten, gebildeten Laien gut geeignet, sich großen Themen wie Epistemologie, Metaphysik oder Ontologie einmal zu stellen. Die Vielzahl der Beispiele und Antwortmöglichkeiten erschwert jedoch die Übersicht und Orientierung. Das diffuse intellektuelle „Wühltischgefühl“ kann als störend wahrgenommen werden.
Das Buch ist ein Werkzeugkasten und Reflexionsbegleiter und fordert auf, sich festzulegen. Der Nutzen liegt nicht im Offenhalten von Optionen, sondern in der Wahl stimmiger Konzepte, die konsequent gelebt werden wollen. Logik schadet dabei keinesfalls, denn in der Vernetztheit aller Fragen und Antworten liegt die echte Vision vom wahren Leben. Doch man spürt, der Weg zum Glück ist lang. Es ist eben kein Spaziergang, sich hier einen Standpunkt zu erarbeiten, der trägt. Stellen wir uns jedoch der „Verantwortung, die eigentliche Frage zu erkennen und sie zu beantworten“ (S. 23), denn eine Antwort ist – in aller Demut – für jeden Menschen möglich (S. 47).
Claudia Mohr
Die Rezension kann unter diesem Shortlink als Dokument heruntergeladen werden: https://t.ly/2_3zK