12. Jan. 2025 23:01Günter Schlicke
Andacht 13. Januar 2025
Gedanken zum Thema: Barmherzig
Frühjahr 1943. Soeben hat die deutsche Armee ein russisches Dorf zurückerobert und die dortigen Partisanen vertrieben. Ein Trupp soll diejenigen aufspüren, die sich noch verstecken. Haus für Haus wird von oben bis unten durchkämmt. Ein Soldat spürt, er soll das Haus auf der linken Straßenseite absuchen. Dort entdeckt er unter dem Bett liegend einen jungen Russen. Für Sekunden kreuzen sich ihre Blicke; dann verlässt der Deutsche schweigend das Haus.
Einige Zeit später geht er allein Streife an einer Bahnstrecke. Plötzlich stürmen aus einem nahen Wald Reiter heran und umzingeln ihn. Er hat keine Chance zu fliehen und schließt innerlich mit dem Leben ab. Da erkennt ihn der Anführer dieses Trupps. Es ist der junge Russe, den er verschont hatte. Ein kurzer Pfiff, und die Reiter verschwinden so schnell wie sie kamen. Beide Männer waren barmherzig zueinander.
Jesus nennt nicht nur die Barmherzigen glücklich, sondern lebte Barmherzigkeit vor. Er aß mit den verachteten Zöllnern und nahm Levi sogar in den engsten Kreis der Jünger auf (Mk 2,14-15), verteidigte eine Frau, die beim Ehebruch ertappt worden war (Joh 8,2-11) und stellte einen hochmütigen Pharisäer nicht vor allen Gästen bloß (Lk 7,36-50). Ja, er sorgte sich sogar am Kreuz um seine Mutter und betete für seine Peiniger.
Dass unsere Welt oft unbarmherzig ist, können wir nicht ändern. Aber in unseren Familien, Hausgemeinschaften, Kirchengemeinden und am Arbeitsplatz können wir einen Unterschied machen. Schreien wir unsere Kinder oder unseren Partner gleich an, wenn eine Aufgabe vergessen wurde? Hängt der Haussegen schief, weil der Nachbar mit Gartenschlappen den Flur verschmutzte? Wittern wir direkt den Verlust des Glaubens, wenn ein Gemeindeglied eine andere Meinung äußert? Scheren wir alle über einen Kamm, wenn Pastoren, Politiker oder Personen in Leitungspositionen eine Fehlentscheidung treffen?
Es ist gut, sich dann an Momente zu erinnern, in denen andere mit uns gnädig waren und unsere Fehler nicht in die Öffentlichkeit trugen. Geben wir dem, der schuldig geworden ist, eine zweite Chance, denn Jesus nennt diejenigen glücklich, die barmherzig sind. Ich übe das immer noch und bin dankbar, dass Jesus mit mir und jedem barmherzig ist.
© Advent-Verlag Lüneburg mit freundlicher Genehmigung (der Link ist: http://www.advent-verlag.de)
Gedanken zum Thema: Barmherzig
Frühjahr 1943. Soeben hat die deutsche Armee ein russisches Dorf zurückerobert und die dortigen Partisanen vertrieben. Ein Trupp soll diejenigen aufspüren, die sich noch verstecken. Haus für Haus wird von oben bis unten durchkämmt. Ein Soldat spürt, er soll das Haus auf der linken Straßenseite absuchen. Dort entdeckt er unter dem Bett liegend einen jungen Russen. Für Sekunden kreuzen sich ihre Blicke; dann verlässt der Deutsche schweigend das Haus.
Einige Zeit später geht er allein Streife an einer Bahnstrecke. Plötzlich stürmen aus einem nahen Wald Reiter heran und umzingeln ihn. Er hat keine Chance zu fliehen und schließt innerlich mit dem Leben ab. Da erkennt ihn der Anführer dieses Trupps. Es ist der junge Russe, den er verschont hatte. Ein kurzer Pfiff, und die Reiter verschwinden so schnell wie sie kamen. Beide Männer waren barmherzig zueinander.
Jesus nennt nicht nur die Barmherzigen glücklich, sondern lebte Barmherzigkeit vor. Er aß mit den verachteten Zöllnern und nahm Levi sogar in den engsten Kreis der Jünger auf (Mk 2,14-15), verteidigte eine Frau, die beim Ehebruch ertappt worden war (Joh 8,2-11) und stellte einen hochmütigen Pharisäer nicht vor allen Gästen bloß (Lk 7,36-50). Ja, er sorgte sich sogar am Kreuz um seine Mutter und betete für seine Peiniger.
Dass unsere Welt oft unbarmherzig ist, können wir nicht ändern. Aber in unseren Familien, Hausgemeinschaften, Kirchengemeinden und am Arbeitsplatz können wir einen Unterschied machen. Schreien wir unsere Kinder oder unseren Partner gleich an, wenn eine Aufgabe vergessen wurde? Hängt der Haussegen schief, weil der Nachbar mit Gartenschlappen den Flur verschmutzte? Wittern wir direkt den Verlust des Glaubens, wenn ein Gemeindeglied eine andere Meinung äußert? Scheren wir alle über einen Kamm, wenn Pastoren, Politiker oder Personen in Leitungspositionen eine Fehlentscheidung treffen?
Es ist gut, sich dann an Momente zu erinnern, in denen andere mit uns gnädig waren und unsere Fehler nicht in die Öffentlichkeit trugen. Geben wir dem, der schuldig geworden ist, eine zweite Chance, denn Jesus nennt diejenigen glücklich, die barmherzig sind. Ich übe das immer noch und bin dankbar, dass Jesus mit mir und jedem barmherzig ist.
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