May 15, 2023, 10:01 PMDennis Meier
Andacht 16.05.2023
Gedanken zum Thema: Ruhm
Reality-TV, Talentshows und Social Media haben die Sehnsucht der Menschen nach den 15 Minuten Ruhm offengelegt. Das eine Video einstellen, das siebenstellig angeklickt wird. Eine Jury von Profis und ein Millionenpublikum zum Staunen bringen. Einmal die Nummer eins sein, wenn auch nur für einen Moment.
Zeit, an die in der zweiten, dritten oder auch letzten Reihe zu denken. Die großen englischen Romane von Wolfe, Scott Fitzgerald oder Hemingway wären z. B. ohne den 1947 verstorbenen Lektor Max Perkins nie zu den Büchern geworden, die Weltruhm erlangten. Er konnte aus dem Manuskript einer Autorin oder eines Autors ein Buch machen. Wenn Perkins sagte, dass ein Kapitel umzuschreiben oder zu streichen sei, dann tat man gut daran, den Rat zu befolgen.
Johannes der Täufer ist so eine biblische Figur. Er ist der Prediger, zu dem alles Volk läuft. Die Bühne gehört ihm. Dann plötzlich bekommt dieser Jesus mehr Zulauf. Die Jünger des Johannes ärgern sich darüber („alle kommen zu ihm“, V. 26). Johannes erinnert sie daran, dass er nur Wegbereiter sei. Dass seine Aufgabe vorbei ist und er von der Bühne abtritt. Man muss sich das mal vorstellen. Nicht nur weiß er genau um seine Aufgabe, er hat jetzt auch die schwierige Mission, seine eigenen Jünger davon zu überzeugen, sich nicht über Jesus aufzuregen, sondern diesem fortan zu folgen (und nicht mehr ihm).
Jesus selbst wird über Johannes sagen, dass es keinen größeren Menschen als ihn gegeben hat (Lk 7,28). Das macht Gänsehaut. Manche sagen, dass sei so, weil Johannes so großartig predigen konnte oder weil er der letzte Prophet alttestamentlicher Tradition war.
Aber die größte Leistung war, dass er loslassen konnte, als es dran war. Die größten aller Menschen umgeben uns heute noch. Sie sitzen in den hinteren Reihen, sie betreuen unsere Kinder, sie pflegen unsere Alten, sie springen ein im Bibelgespräch, sie beten im Stillen, sie lesen unsere Masterarbeiten Korrektur. Unser Leben ist von ihnen geprägt. Manchmal kennen wir sie nicht einmal und hängen doch ab von ihnen, ihren Gebeten, ihrer stillen Unterstützung.
Jesus ist ein Fan der zweiten bis letzten Reihe, so wie er ein Fan von Johannes war – und überdies selbst bereit, abzutreten und ans Kreuz zu gehen, als es so weit war.
Zum Bibelvers: Johannes 3,30
© Advent-Verlag Lüneburg mit freundlicher Genehmigung (der Link ist: http://www.advent-verlag.de)
Gedanken zum Thema: Ruhm
Reality-TV, Talentshows und Social Media haben die Sehnsucht der Menschen nach den 15 Minuten Ruhm offengelegt. Das eine Video einstellen, das siebenstellig angeklickt wird. Eine Jury von Profis und ein Millionenpublikum zum Staunen bringen. Einmal die Nummer eins sein, wenn auch nur für einen Moment.
Zeit, an die in der zweiten, dritten oder auch letzten Reihe zu denken. Die großen englischen Romane von Wolfe, Scott Fitzgerald oder Hemingway wären z. B. ohne den 1947 verstorbenen Lektor Max Perkins nie zu den Büchern geworden, die Weltruhm erlangten. Er konnte aus dem Manuskript einer Autorin oder eines Autors ein Buch machen. Wenn Perkins sagte, dass ein Kapitel umzuschreiben oder zu streichen sei, dann tat man gut daran, den Rat zu befolgen.
Johannes der Täufer ist so eine biblische Figur. Er ist der Prediger, zu dem alles Volk läuft. Die Bühne gehört ihm. Dann plötzlich bekommt dieser Jesus mehr Zulauf. Die Jünger des Johannes ärgern sich darüber („alle kommen zu ihm“, V. 26). Johannes erinnert sie daran, dass er nur Wegbereiter sei. Dass seine Aufgabe vorbei ist und er von der Bühne abtritt. Man muss sich das mal vorstellen. Nicht nur weiß er genau um seine Aufgabe, er hat jetzt auch die schwierige Mission, seine eigenen Jünger davon zu überzeugen, sich nicht über Jesus aufzuregen, sondern diesem fortan zu folgen (und nicht mehr ihm).
Jesus selbst wird über Johannes sagen, dass es keinen größeren Menschen als ihn gegeben hat (Lk 7,28). Das macht Gänsehaut. Manche sagen, dass sei so, weil Johannes so großartig predigen konnte oder weil er der letzte Prophet alttestamentlicher Tradition war.
Aber die größte Leistung war, dass er loslassen konnte, als es dran war. Die größten aller Menschen umgeben uns heute noch. Sie sitzen in den hinteren Reihen, sie betreuen unsere Kinder, sie pflegen unsere Alten, sie springen ein im Bibelgespräch, sie beten im Stillen, sie lesen unsere Masterarbeiten Korrektur. Unser Leben ist von ihnen geprägt. Manchmal kennen wir sie nicht einmal und hängen doch ab von ihnen, ihren Gebeten, ihrer stillen Unterstützung.
Jesus ist ein Fan der zweiten bis letzten Reihe, so wie er ein Fan von Johannes war – und überdies selbst bereit, abzutreten und ans Kreuz zu gehen, als es so weit war.
Zum Bibelvers: Johannes 3,30
© Advent-Verlag Lüneburg mit freundlicher Genehmigung (der Link ist: http://www.advent-verlag.de)
