
16. Dez. 2025 23:01Dennis Meier
Andacht 17. Dezember 2025
Gedanken zum Thema: Knechtschaft
Wenn ich an Ägyptenland denke, habe ich durchaus positive Erinnerungen. Ein tolles kleines Hotel mit netten Leuten, Tauchsafaris, fantastische Unterwasserwelten, Kamelritte und leckerer Hummus mit Fladenbrot. Auf den „Mosesberg“ bin ich damals auch rauf, habe ins Tal geschaut und mir mein Kopfkino vom Lager Israels gemacht.
Wenn ich an Knechtschaft denke, dann daran, dass ich einige Jahre dienen musste, um die Gunst meiner Frau zu erwerben. Oder an meine Zeit als Auszubildender auf einem Bauernhof; das, was man früher als Knecht bezeichnete.
Aber ich habe, anders als viele Menschen, Glück gehabt und echte Unterdrückung, Ausbeutung und Lebensgefahr nie wirklich erlebt. Ich kann mir nicht vorstellen, wie sich ein Israelit oder eine Israelitin in dritter, vierter oder fünfter Generation gefühlt hat, deren Eltern und Großeltern nichts anderes erlebt hatten als rücksichtslose Ausbeutung und den unbedingten Willen zu überleben, den Ball flach zu halten, nicht aufzufallen, keine Prügel zu beziehen.
Mit dem Exodus kommt in der Bibel ein Motiv in den Blick, das absolut zentral werden wird. Nicht nur im politischen Sinn gegen Unterdrückung, sondern als grundlegende Beschreibung vom Menschsein – als ein Zustand der Knechtschaft, der Abhängigkeit von Systemen, letztlich von Unfreiheit aller Art. Aber eben auch als Motiv, dass Gott uns aus Ägyptenland herausgeführt hat. Unser Text ist die Einleitung zu den Zehn Geboten, die an Befreite, an Herausgeführte adressiert sind. Sie sollen die Freiheit gestalten, sollen verhindern, dass neue Knechtschaften entstehen.
Auch im Neuen Testament ist das Motiv wirkmächtig. Nicht umsonst wird uns erzählt, dass Jesu Familie nach Ägypten zog und eben auch wieder heraus, bevor Jesus seinen Dienst aufnahm. Gott stellt sich als Befreier vor. Was sind unsere Abhängigkeiten, persönlicher oder systemischer Natur? All die Dinge, von denen wir, nach unserem Wohlergehen gefragt, hier im Norden antworten: „Muss ja!“ Unsere inneren Mechanismen, die wir in Konflikten unbewusst abspielen, weil sie auf ägyptischem Programmcode beruhen?
Vielleicht die falschen Fragen, denn der Satz muss einfach nur gehört werden als Ansage und Zuspruch Gottes: „Du bist von mir befreit.“
© Advent-Verlag Lüneburg mit freundlicher Genehmigung (der Link ist: http://www.advent-verlag.de)
Gedanken zum Thema: Knechtschaft
Wenn ich an Ägyptenland denke, habe ich durchaus positive Erinnerungen. Ein tolles kleines Hotel mit netten Leuten, Tauchsafaris, fantastische Unterwasserwelten, Kamelritte und leckerer Hummus mit Fladenbrot. Auf den „Mosesberg“ bin ich damals auch rauf, habe ins Tal geschaut und mir mein Kopfkino vom Lager Israels gemacht.
Wenn ich an Knechtschaft denke, dann daran, dass ich einige Jahre dienen musste, um die Gunst meiner Frau zu erwerben. Oder an meine Zeit als Auszubildender auf einem Bauernhof; das, was man früher als Knecht bezeichnete.
Aber ich habe, anders als viele Menschen, Glück gehabt und echte Unterdrückung, Ausbeutung und Lebensgefahr nie wirklich erlebt. Ich kann mir nicht vorstellen, wie sich ein Israelit oder eine Israelitin in dritter, vierter oder fünfter Generation gefühlt hat, deren Eltern und Großeltern nichts anderes erlebt hatten als rücksichtslose Ausbeutung und den unbedingten Willen zu überleben, den Ball flach zu halten, nicht aufzufallen, keine Prügel zu beziehen.
Mit dem Exodus kommt in der Bibel ein Motiv in den Blick, das absolut zentral werden wird. Nicht nur im politischen Sinn gegen Unterdrückung, sondern als grundlegende Beschreibung vom Menschsein – als ein Zustand der Knechtschaft, der Abhängigkeit von Systemen, letztlich von Unfreiheit aller Art. Aber eben auch als Motiv, dass Gott uns aus Ägyptenland herausgeführt hat. Unser Text ist die Einleitung zu den Zehn Geboten, die an Befreite, an Herausgeführte adressiert sind. Sie sollen die Freiheit gestalten, sollen verhindern, dass neue Knechtschaften entstehen.
Auch im Neuen Testament ist das Motiv wirkmächtig. Nicht umsonst wird uns erzählt, dass Jesu Familie nach Ägypten zog und eben auch wieder heraus, bevor Jesus seinen Dienst aufnahm. Gott stellt sich als Befreier vor. Was sind unsere Abhängigkeiten, persönlicher oder systemischer Natur? All die Dinge, von denen wir, nach unserem Wohlergehen gefragt, hier im Norden antworten: „Muss ja!“ Unsere inneren Mechanismen, die wir in Konflikten unbewusst abspielen, weil sie auf ägyptischem Programmcode beruhen?
Vielleicht die falschen Fragen, denn der Satz muss einfach nur gehört werden als Ansage und Zuspruch Gottes: „Du bist von mir befreit.“
© Advent-Verlag Lüneburg mit freundlicher Genehmigung (der Link ist: http://www.advent-verlag.de)



