Andacht 19.04.2024
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Bibel
Glauben

Apr 18, 2024, 10:01 PMUdo Worschech

Andacht 19.04.2024

Gedanken zum Thema: Erzählungen

„Die strahlenden Erzeltern hatten eigentlich nie eine weiße Weste“, titelte eine renommierte religionspädagogische Fachzeitschrift vor einiger Zeit (Katechetische Blätter, 4/2020). Man bezog sich auf biblische Erzählungen wie die von Sara und Abraham, Rebekka und Isaak oder Jakob, Rahel und Lea.

Gilt es deswegen nicht auch, die Erzeltern von ihrem goldenen Sockel zu holen? Schließlich wurden die Mütter und Väter des Glaubens in den Erzählungen mit Stärken und Schwächen gezeigt. In der Bibel wird etwa überliefert, dass die großen Vorbilder auch feige, neidisch und eifersüchtig waren und selbst vor Lügen und Betrügereien nicht zurückschreckten.

Gerade das macht aber die Bibel so lebensnah: Ihr ist nichts Menschliches fremd. Darum wird nicht übergangen, dass Abraham oder Isaak ihre Frauen verleugnen, dass Sara ihre vermeintliche Rivalin Hagar samt Kind in die Wüste schickt oder dass Rebekka ihren Sohn Jakob zum Betrug am eigenen Vater anstiftet. All das hätte beim Erzählen und späteren Aufschreiben der Geschichten auch einfach unter den Tisch fallen können. Aber im biblischen Verständnis tut das der Vorbildfunktion dieser Menschen keinen Abbruch – im Gegenteil.

In diesen Erzählungen ist wesentlich, dass Gott bei den Menschen ist, dass er Fehlentscheidungen zum Guten wendet und dass die Erzeltern an ihren Schwächen wachsen. Welch eine Entlastung für Mütter und Väter (nicht nur) in der religiösen Erziehung: Wenn sie das Menschelnde in den biblischen Geschichten ebenso erzählen, wird deutlich, dass die Identifikationsfiguren nicht perfekt sind und auch nicht sein müssen – weder die Erzeltern noch sie selbst.

Kinder und Jugendliche suchen sich ihre Vorbilder in ihrem nahen Lebensbereich. „Viel wichtiger als strahlende Helden“ seien dabei, so formuliert es Thimo Zirpel, „nahbare und zur eigenen Auseinandersetzung anregende Personen“. Und genau das sind die biblischen Gestalten oftmals. Zu beachten und pädagogisch wichtig ist aber auch, dass Gott sie allesamt irgendwann einmal mit ihren Fehlentscheidungen konfrontiert hat und dass sie wie Jakob ausgerufen haben: „Ich lasse dich nicht, du segnest mich denn“ (1 Mo 32,27).

Zum Bibelvers: 1. Thessalonicher 1,7

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