Andacht 27.12.2023

An seinem letzten Tag im Weißen Haus unterzeichnete Donald Trump etwa 40 Gnadenerlasse. Damit folgte er einer vor langer Zeit begründeten Tradition, und an sich wäre dieser Vorgang kaum der öffentlichen Beachtung wert gewesen. Diesmal aber lagen die Dinge anders, denn schon Wochen zuvor hatte der abgewählte Präsident laut darüber nachgedacht, dass er doch eigentlich die Macht habe, nicht nur langjährige Freunde, Unterstützer und Weggefährten, sondern auch sich selbst per Präsidialerlass für sämtliche im Laufe seiner Amtszeit begangenen Verfehlungen von aller Schuld freizusprechen. Nur mit Mühe gelang es einem seiner engsten Vertrauten, ihm diesen Tabubruch auszureden.

Wenn es um Recht und Gerechtigkeit geht, reagieren Menschen auf der ganzen Welt hochsensibel. Kaum etwas bewegt die Öffentlichkeit so sehr wie Willkürjustiz und Fehlurteile, und wie es scheint, war das vor 2000 Jahren nicht anders. Auch deshalb fasziniert mich das Gleichnis Jesu vom Weltgericht, denn es ist sozusagen ein integraler Bestandteil des Evangeliums. Da geht es nicht nur um Erlösung, Vergebung und Barmherzigkeit, sondern auch und vor allem darum: Der Erlöser der Welt wird Gerechtigkeit schaffen, und nicht nur die großen, sondern auch die kleinen Despoten und Diktatoren dieser Welt werden sich seinem Urteil beugen müssen.

Zu denken gibt mir allerdings, woran sich das Urteil Jesu über jeden Menschen gemäß seinen eigenen Worten orientiert: „Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern.“ (V. 40) Es interessiert ihn nicht, wie oft wir die Bibel durchgelesen oder ob wir jede Woche den Gottesdienst besucht haben. Er fragt nach unserer Barmherzigkeit gegenüber seinen geringsten Brüdern, ganz konkret. Und auf einmal werde ich ganz still, denn da habe ich noch eine Menge von ihm zu lernen. Ich hoffe, er wird mir auch heute ein geduldiger und barmherziger Lehrer sein.

Zum Bibelvers: Matthäus 25,31–33

© Advent-Verlag Lüneburg mit freundlicher Genehmigung (der Link ist: http://www.advent-verlag.de)