9. Aug. 2024 22:01Rafael Schäffer
Andacht 10.08.2024
Gedanken zum Thema: Schweigen
Als Jesus wenige Tage vor seiner Kreuzigung in Jerusalem einzog, wurde er von einer begeisterten Menschenmenge empfangen. Diese Szene stelle ich mir wie einen heutigen Staatsbesuch oder einen Festumzug vor. Die Bevölkerung steht dicht gedrängt am Straßenrand. Alle wollen ihn sehen; es herrscht ausgelassene, freudige Stimmung, Musik tönt durch die Gassen. Jesus wird von seinen Anhängern mit ehrwürdigen Gesten und lauten Jubelrufen bedacht, ja, als von Gott gesandter König ausgerufen.
Doch die religiöse Führungsschicht der damaligen Zeit geriet mal wieder mit Jesus aneinander. Auch heute noch gibt es leider viele Gründe für Streit unter Gläubigen, von der Gottesdienstgestaltung bis hin zum Sozialverhalten. Jesu Antwort in Richtung der notorischen Nörgler ist kurz und knackig: „Wenn sie schweigen, werden die Steine schreien!“ Bamm! Das hat gesessen. Wobei das schon eine ganz schön steile und provokante Aussage ist, denn Steine sind bekanntlich ziemlich schweigsam, oder?
Während des Geologiestudiums nahm ich an vielen Exkursionen teil. Auf einer der ersten Exkursionen sagten uns die beiden Professoren im Steinbruch: „Sprechen Sie jetzt bitte das Gestein an.“ Wie bitte? Das Gestein ansprechen? Ich lachte in mich hinein und hielt meine Professoren zunächst für verrückt. Später brachten sie uns bei, wie man mit Steinen „redet“. Für den geübten Geowissenschaftler ist ein Gesteinsstück – oder noch besser eine ganze Felswand – tatsächlich wie ein offenes Buch. Es erzählt eine Geschichte über seine Entstehung, abgelaufene Umweltprozesse, relatives Alter, Klimaverhältnisse und vieles mehr. Man muss nur Beobachtungen sammeln, Indizien zu deuten wissen.
Das authentische Bekenntnis unseres Glaubens und unserer Hoffnung ist Teil der lebendigen Nachfolge Jesu. So wie wir Geologen aus Gesteinen viele Informationen entnehmen, wäre es doch toll, wenn die Menschen in unserer Umgebung durch uns Gott näher kennenlernen. Das muss nicht unbedingt mit Worten geschehen, sondern kann auf ganz vielfältige Weise – schweigend durch Gesten und Taten der Liebe – passieren. Ich bin gerne ein Botschafter Gottes auf dieser Welt, Teil seines Bodenpersonals auf dieser Erde.
© Advent-Verlag Lüneburg mit freundlicher Genehmigung (der Link ist: http://www.advent-verlag.de)
Gedanken zum Thema: Schweigen
Als Jesus wenige Tage vor seiner Kreuzigung in Jerusalem einzog, wurde er von einer begeisterten Menschenmenge empfangen. Diese Szene stelle ich mir wie einen heutigen Staatsbesuch oder einen Festumzug vor. Die Bevölkerung steht dicht gedrängt am Straßenrand. Alle wollen ihn sehen; es herrscht ausgelassene, freudige Stimmung, Musik tönt durch die Gassen. Jesus wird von seinen Anhängern mit ehrwürdigen Gesten und lauten Jubelrufen bedacht, ja, als von Gott gesandter König ausgerufen.
Doch die religiöse Führungsschicht der damaligen Zeit geriet mal wieder mit Jesus aneinander. Auch heute noch gibt es leider viele Gründe für Streit unter Gläubigen, von der Gottesdienstgestaltung bis hin zum Sozialverhalten. Jesu Antwort in Richtung der notorischen Nörgler ist kurz und knackig: „Wenn sie schweigen, werden die Steine schreien!“ Bamm! Das hat gesessen. Wobei das schon eine ganz schön steile und provokante Aussage ist, denn Steine sind bekanntlich ziemlich schweigsam, oder?
Während des Geologiestudiums nahm ich an vielen Exkursionen teil. Auf einer der ersten Exkursionen sagten uns die beiden Professoren im Steinbruch: „Sprechen Sie jetzt bitte das Gestein an.“ Wie bitte? Das Gestein ansprechen? Ich lachte in mich hinein und hielt meine Professoren zunächst für verrückt. Später brachten sie uns bei, wie man mit Steinen „redet“. Für den geübten Geowissenschaftler ist ein Gesteinsstück – oder noch besser eine ganze Felswand – tatsächlich wie ein offenes Buch. Es erzählt eine Geschichte über seine Entstehung, abgelaufene Umweltprozesse, relatives Alter, Klimaverhältnisse und vieles mehr. Man muss nur Beobachtungen sammeln, Indizien zu deuten wissen.
Das authentische Bekenntnis unseres Glaubens und unserer Hoffnung ist Teil der lebendigen Nachfolge Jesu. So wie wir Geologen aus Gesteinen viele Informationen entnehmen, wäre es doch toll, wenn die Menschen in unserer Umgebung durch uns Gott näher kennenlernen. Das muss nicht unbedingt mit Worten geschehen, sondern kann auf ganz vielfältige Weise – schweigend durch Gesten und Taten der Liebe – passieren. Ich bin gerne ein Botschafter Gottes auf dieser Welt, Teil seines Bodenpersonals auf dieser Erde.
© Advent-Verlag Lüneburg mit freundlicher Genehmigung (der Link ist: http://www.advent-verlag.de)