Andacht 26.08.2024
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Bibel
Glauben

Aug 25, 2024, 10:01 PMDennis Meier

Andacht 26.08.2024

Gedanken zum Thema: Klagen

Neulich hörte oder las ich von einer jüdischen Gemeinde, die in ihrem Gottesdienst regelmäßig die Gelegenheit gab, nach vorne zu kommen und das Herz bei Gott auszuschütten, inklusive Klagen und wütendem Toben. Das wurde so dankbar angenommen, dass manch einer in seiner Rage dort vorne gestoppt und auf den Platz zurückgezerrt werden musste. Im Judentum hat die Klage vor Gott eine lange Tradition. Da geht es nicht um die Wahrung von Formen oder die richtigen, salbungsvollen Worte, sondern es geht da-rum, ihm unzensiert und mit offenem Herzen alles vorzulegen, ob still oder laut schreiend mit geballter Faust.

Ein Vorbild dafür sind die Psalmen, die das an vielen Stellen genau so praktizieren. Sie haben wohl ihren Weg in die Bibel gefunden, weil Gott auf echte Worte steht. Nicht frisierte oder glattgebügelte. Warum? Weil echte Worte, voller Emotionen oder Enttäuschungen, immer ein Anzeichen sind, dass man sich innerhalb der Beziehung bewegt und diese eben nicht verlässt. Das ist etwas ganz anderes als das „Ich-bin-fertig-mit-Gott“, das ich immer mal wieder in der Seelsorge höre. Ich möchte dann gerne fragen: „Bist du sicher, dass du fertig bist? Hast du schon gewütet vor deinem Gott, geklagt und lamentiert?“ Es wäre nicht immer die seelsorgerlich angemessene Antwort, weshalb ich sie auch meist nur denke.

Wie Jakob am Jabbok eine ganze Nacht mit Gott rang, so ringen die Psalmisten immer wieder mit ihrem Gott. Dieses Ringen ist aber, so unser Text, eine Zuflucht. Mit anderen Worten: Da ist das Grundvertrauen vorhanden, dass ich das darf, dass Gott es hört, dass ich dafür nicht bestraft werde. Und dann eben auch: dass das in eine tiefe Geborgenheit eingebettet ist, ob das Resultat nun ist, sich zu ergeben oder erhört zu werden.

Die Tatsache, dass wir das so wenig machen, mag viele Gründe haben: Uns geht es gut (das wäre das Beste); wir sind mit einer pietistischen Frömmigkeit aufgewachsen (sei stille vor Gott!); wir halten Gott für emotionsresistent (das wäre das Schlimmste).

Übrigens, um dem Ganzen die Note des Schicksalsschlags zu nehmen: Man darf Gott auch sein Herz ausschütten, wenn es einem gerade rundum gut geht. Er würde sagen: „Hauptsache, wir bleiben im Gespräch!“

Zum Bibelvers: Psalm 62,9

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