
27. Okt. 2025 23:01Rolf Pöhler
Andacht 28. Oktober 2025
Gedanken zum Thema: Schuld vergeben
Viele Übersetzungen fügen der fünften Bitte des Vaterunsers das Wort haben hinzu. Es steht im Grundtext und verdeutlicht, dass die Bitte um Vergebung an die Bereitschaft geknüpft ist, auch anderen ihre Fehler zu verzeihen. Wird damit Vergebung aber nicht zu einem Tauschgeschäft? Do ut des („Ich gebe, damit du gibst“), lautete das Prinzip des antiken Opferkults: Wir opfern euch Göttern und erwarten dafür eine Gegengabe. Das widerspricht der Bibel jedoch völlig. Vergebung ist ein freies Gnadengeschenk Gottes für die Reumütigen, sie beruht nicht auf irgendeiner menschlichen Vorleistung.
Wie kann dann aber das Vaterunser die vergebende Gnade Gottes ausdrücklich an unser vorausgehendes Tun binden? In diesem Fall müsste die Bitte doch allen im Hals stecken bleiben, die noch nicht mit ihren Mitmenschen versöhnt sind.
Dieser Eindruck wird durch das Nachwort verstärkt, das dem Vaterunser unmittelbar folgt: „Wenn ihr den Menschen ihre Verfehlungen vergebt, so wird euch euer himmlischer Vater auch vergeben. Wenn ihr aber den Menschen nicht vergebt, so wird euch euer Vater eure Verfehlungen auch nicht vergeben“ (V. 14-15).
Im Gleichnis vom unbarmherzigen Schuldner fällt die vom König großherzig erlassene Schuld auf den Schalksknecht zurück, der von seinem Mitknecht eine geringe Schuld brutal einfordert. „So wird auch mein himmlischer Vater an euch tun, wenn ihr nicht von Herzen vergebt, ein jeder seinem Bruder“ (Mt 18,35). Das gilt für den Tag, an dem der König mit seinen Knechten abrechnet (V. 23) – ein Hinweis auf das letzte Gericht. „Wenn du deine Gabe auf dem Altar opferst und dort kommt dir in den Sinn, dass dein Bruder etwas gegen dich hat, so lass dort vor dem Altar deine Gabe und geh zuerst hin und versöhne dich mit deinem Bruder, und dann komm und opfere deine Gabe“ (Mt 5,23-24).
Gott vergibt unsere Schuld nicht erst dann, wenn wir mit allen Menschen versöhnt sind, die an uns schuldig geworden sind. Doch wer im Endgericht von Gott einen Freispruch erwartet, sollte sich bewusst sein, dass Gottes vergebende Gnade Frucht bringt, die sich darin zeigt, dass auch wir vergebungsbereit sind. Das Vaterunser erinnert uns jedes Mal daran.
© Advent-Verlag Lüneburg mit freundlicher Genehmigung (der Link ist: http://www.advent-verlag.de)
Gedanken zum Thema: Schuld vergeben
Viele Übersetzungen fügen der fünften Bitte des Vaterunsers das Wort haben hinzu. Es steht im Grundtext und verdeutlicht, dass die Bitte um Vergebung an die Bereitschaft geknüpft ist, auch anderen ihre Fehler zu verzeihen. Wird damit Vergebung aber nicht zu einem Tauschgeschäft? Do ut des („Ich gebe, damit du gibst“), lautete das Prinzip des antiken Opferkults: Wir opfern euch Göttern und erwarten dafür eine Gegengabe. Das widerspricht der Bibel jedoch völlig. Vergebung ist ein freies Gnadengeschenk Gottes für die Reumütigen, sie beruht nicht auf irgendeiner menschlichen Vorleistung.
Wie kann dann aber das Vaterunser die vergebende Gnade Gottes ausdrücklich an unser vorausgehendes Tun binden? In diesem Fall müsste die Bitte doch allen im Hals stecken bleiben, die noch nicht mit ihren Mitmenschen versöhnt sind.
Dieser Eindruck wird durch das Nachwort verstärkt, das dem Vaterunser unmittelbar folgt: „Wenn ihr den Menschen ihre Verfehlungen vergebt, so wird euch euer himmlischer Vater auch vergeben. Wenn ihr aber den Menschen nicht vergebt, so wird euch euer Vater eure Verfehlungen auch nicht vergeben“ (V. 14-15).
Im Gleichnis vom unbarmherzigen Schuldner fällt die vom König großherzig erlassene Schuld auf den Schalksknecht zurück, der von seinem Mitknecht eine geringe Schuld brutal einfordert. „So wird auch mein himmlischer Vater an euch tun, wenn ihr nicht von Herzen vergebt, ein jeder seinem Bruder“ (Mt 18,35). Das gilt für den Tag, an dem der König mit seinen Knechten abrechnet (V. 23) – ein Hinweis auf das letzte Gericht. „Wenn du deine Gabe auf dem Altar opferst und dort kommt dir in den Sinn, dass dein Bruder etwas gegen dich hat, so lass dort vor dem Altar deine Gabe und geh zuerst hin und versöhne dich mit deinem Bruder, und dann komm und opfere deine Gabe“ (Mt 5,23-24).
Gott vergibt unsere Schuld nicht erst dann, wenn wir mit allen Menschen versöhnt sind, die an uns schuldig geworden sind. Doch wer im Endgericht von Gott einen Freispruch erwartet, sollte sich bewusst sein, dass Gottes vergebende Gnade Frucht bringt, die sich darin zeigt, dass auch wir vergebungsbereit sind. Das Vaterunser erinnert uns jedes Mal daran.
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